Bodenstein Coaching

“INZWISCHEN SIND WIR STOLZ, DAS UNTERNEHMEN FÜHREN ZU DÜRFEN!”

INTERVIEW MIT MONTARIE & TOBIAS HACKENBERG

Der Pflegedienst Hackenberg in Iserlohn blickt auf 27 Jahre Firmengeschichte zurück. Ursprünglich von Monika und Bernd Hackenberg gegründet und mit Hingabe aufgebaut, liegt die Unternehmensführung mittlerweile in den Händen beider Söhne- der nächsten Generation. Der Spagat zwischen Generationswechsel und Modernisierung bringt viele Herausforderungen mit sich und lässt vor allem eines nicht entstehen: Langeweile!

Katharina Bodenstein

Tobias und Montarie Hackenberg in den frisch renovierten Büroräumlichkeiten

Liebe Montarie, lieber Tobias,

vielen Dank, dass ich das Interview mit Euch führen darf!
Euer Unternehmen ist in Iserlohn präsent, kein Zweifel. Wer kennt sie nicht? Die kleinen roten Firmenwagen mit weißer Aufschrift, die unentwegt in Iserlohn und Umgebung unterwegs sind. Insbesondere in den letzten Jahren hat ein starker Wandel innerhalb Eurer traditionellen Unternehmensstrukturen stattgefunden. Dieser macht sich auch nach außen deutlich bemerkbar!
Wir sind an der ganzen Geschichte interessiert- beginnen wir vorne:

Tobias, als das Unternehmen 1992 gegründet wurde, warst Du gerade einmal 14 Jahre- und Dein Bruder Thomas 11 Jahre alt. Kannst Du dich noch genau an diesen Moment erinnern?

Tobias: Selbstverständlich kann ich mich noch an diesen Moment erinnern. Wobei dies kein richtiger Moment war, sondern eher ein Prozess. Unsere Eltern waren schon immer in der Pflege tätig. Unsere Mutter übernahm ausschließlich Nachtdienste im Krankenhaus und unser Vater hatte ständige Bereitschaft in der Ambulanz, sodass mein Bruder und ich in frühesten Kindestagen notgedrungen zahlreiche Nächte im Krankenhaus schliefen oder aufgrund der familienunfreundlichen Arbeitszeiten auf unsere Eltern verzichteten. Der Weg in die Selbstständigkeit war der Versuch unserer Eltern, sich jenseits der Tätigkeit und Arbeitsbedingungen im Krankenhaus eine Existenz aufzubauen, vor allem mit dem Wunsch, „alles besser zu machen“.

Das klingt ja erst einmal sehr gut- hat es funktioniert?

Tobias: Ja und nein. Die Selbstständigkeit funktionierte, doch ging der Plan unserer Eltern nicht an allen Stellen auf. Viele gute Vorsätze versickerten und Strukturen, gegen die man sich ursprünglich wehrte, etablierten sich zunehmend im eigenen Unternehmen. Meine Eltern haben immer mit voller Hingabe und ganzem Einsatz für das Unternehmen gearbeitet, da habe ich keinen Zweifel! Allerdings lastete ein ungeheuerlicher Druck auf dem Pflegedienst, denn insbesondere als frisch gebackene Existenzgründer steht eines im Mittelpunkt: die eigene Existenz sichern- wie sich das dann auf die Unternehmensphilosophie auswirkt, hängt vom Unternehmer ab.  Zusätzlich kann ich mir vorstellen, dass es schwierig ist, den Übergang in diese Strukturen bewusst wahrzunehmen, denn bekanntlich wird man nach einiger Zeit „betriebsblind“.

Vielen Dank für Deine ehrlichen Worte. Jetzt bist du im Pflegebereich großgeworden und hast diesen mit allen Vor- und Nachteilen kennengelernt. War es für Dich selbstverständlich, einen Pflegeberuf zu erlernen?

Tobias: Über Alternativen habe ich nie nachgedacht. Der Beruf des Krankenpflegers ist mein absoluter Wunschberuf! Meine Ausbildung sowie die darüber hinaus ergänzenden Weiterbildungen zum Pflegedienstleiter, Praxisanleiter und Wundexperten habe ich allein und von ganzem Herzen gewählt.Keineswegs haben wir es von unseren Eltern vorgeschrieben bekommen, den Pflegedienst zu übernehmen oder eine Karriere in der Pflege anzustreben.

War es nach Deiner Ausbildung für Dich klar, dass Du gemeinsam mit Deinem Bruder Thomas das Unternehmen übernimmst?

Tobias: Zumindest lief alles darauf hinaus. Nach einer kurzen Pause beim Bund stieg ich im Jahr 2000 als Krankenpfleger in das Unternehmen ein. Mein Bruder folgte mir und somit war die Familie Hackenberg von da an wieder –diesmal unter dem Dach des Pflegedienstes- vereint. Neben meiner Tätigkeit im Unternehmen absolvierte ich parallel meine Ausbildung zum Pflegedienstleiter. Als dieser arbeitete ich anschließend im Pflegedienst und vertrat meine Eltern gegenüber der Belegschaft und den Patienten. Wenn die personellen Ressourcen knapp waren, fuhren mein Bruder und ich dennoch mit raus und versorgten die Patienten. So richtig bekamen wir seinerzeit den Absprung in die Geschäftsleitung nicht- gemäß dem Motto: „die Jungs blieben Jungs“. So schön es ist, mit der Familie einen Arbeitsplatz zu teilen, kann es einen gleichermaßen vor Herausforderungen stellen. Der Interessenkonflikt verschiedener Generationen gepaart mit unnachgiebiger Tradition kann für eine Unternehmensübergabe durchaus schwierig sein. Unabhängig davon kann ich aber mit voller Überzeugung sagen, dass ich die Fahrten und Patientenerfahrungen geliebt- und sehr viel dabei gelernt habe. Als ich meine Tätigkeit in der Pflege 1994 begann, lagen die Geburtsjahre der Patienten Ende des 19. Jahrhunderts. Das kann man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen. 🙂

Wie wir heute nach 27 Jahren sehen, habt ihr den „Absprung“ doch gemeistert! Wie kam es dazu?

Tobias: „Wir haben uns gut durchgeboxt“- das war kein leichter Prozess! Abgrenzung ist dabei das A und O. Klare Regeln und Akzeptanz durch gegenseitigen Respekt hieß unsere Methode. Hinzu kam, dass wir ein Unternehmen übernahmen, in welchem sämtliche Strukturen und Arbeitsprozesse ein Update verlangten. Eine zusätzliche Herausforderung, die auf junge und –teilweise unerfahrene- Unternehmer zukam. Um unseren Veränderungsprozess abzurunden, haben wir zuletzt einen Coach- und Unternehmensberater mit ins Boot genommen. Es tut gut, die Einschätzung einer externen Person einzuholen. Für uns stellt das keine Niederlage dar, denn konstruktive Kritik kann für jeden nur gewinnbringend sein.

Dazu gleich mehr!
Montarie, Du bist seit 2016 an der Seite von Tobias als Assistenz in der Geschäftsführung des Pflegedienstes.

Montarie: Richtig. Als ursprünglich gelernte Industriekauffrau bin ich somit branchenfremd ins kalte Wasser gesprungen und habe mich in den Verwaltungsbereich des Pflegedienstes eingearbeitet.

Tobias: … und ich finde sehr erfolgreich! 🙂

Montarie: Vielen Dank! So neu die Branche auch für mich war- ich habe sie lieben gelernt. Inzwischen ist es so, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Natürlich entstehen mit dem Einstieg eines neuen Mitarbeiters automatisch Veränderungen innerhalb des Unternehmens. Diesen frischen Wind hat das Unternehmen dankend angenommen und in den gesamten Strukturprozess mit einfließen lassen.

Jetzt habt ihr so oft angedeutet, dass sich in Eurem Unternehmen viel verändert hat. Könnt Ihr beschreiben, wie und wo sich diese Veränderungen auswirken?

Tobias: In der Pflege herrscht Fachkräftemangel. Hinzu kommt, dass man sich im 21. Jahrhundert durch ein positives Unternehmensimage am Markt behaupten muss. Das haben wir lange Zeit vernachlässigt, freuen uns aber umso mehr, dass wir uns nun mitten im Wandel befinden. Dank der Hilfe eines Beraters haben wir unser Unternehmen aus ganz anderen Blickwinkeln betrachten dürfen. Verkrustete Strukturen wurden „geknackt“ und eine neue Form der Führung implementiert.

Montarie: Auch unsere Mitarbeiter treten uns verändert gegenüber. Die Atmosphäre innerhalb der Firma hat sich gewandelt und wir sind sehr froh darüber.

"Inzwischen sind wir stolz, das Unternehmen gemeinsam mit meinem Bruder und seiner Frau führen zu dürfen!"

Tobias Hackenberg

Könnt Ihr das anhand von konkreten Beispielen beschreiben? Was macht ihr inzwischen anders?

Tobias: Angefangen bei der Personalführung, die auf Augenhöhe stattfindet, der Neugestaltung unserer Büroräume sowie der Einführung technischer Hilfsmittel im Rahmen der Digitalisierung. Wir haben verstanden, dass unsere Mitarbeiter auch unsere Kunden sind und können von uns behaupten, dass wir in den letzten Jahren gelernt haben, mit Herz zu führen. Diese Mentalität strahlt bis zu unserer wichtigsten Personengruppe: unseren Patienten. Auch da haben wir für uns entschieden, dass das Wohl der Patienten- und selbstverständlich das unserer Mitarbeiter unser Wohl beeinflusst. Auch wenn wir zahlreiche Aufträge annehmen könnten, kommt eine Auftragsannahme über unsere Kapazitäten hinaus nicht infrage.

Montarie: Das Feedback ist positiv- wir gehen offensichtlich den richtigen Weg! Auch hat sich der Bewerbungseingang verändert- im Vergleich zum Vorjahr können wir inzwischen behaupten, dass unser Team annähernd komplett ist. (Selbstverständlich sind wir weiteren Bewerbungen gegenüber immer offen!)

Es freut mich zu hören, dass Ihr auf eine erfolgreiche Beratung zurückblicken könnt und nun mithilfe der neu erworbenen Werkzeuge als „Vierergespann“ durchstartet.
Eine letzte Frage habe ich noch an Euch: Wie ist es, den Partner 24h am Tag an seiner Seite zu haben und neben dem Privatleben auch das Berufsleben mit ihm zu teilen?

Tobias + Montarie: Natürlich ist es nicht immer einfach, wenn zwei Familien an einem Ort zusammen arbeiten. Einerseits ist es schwierig, Privates von Beruflichem zu trennen und andererseits wünscht man sich nach einem ganzen Tag mit der Familie entsprechende Abwechslung im Feierabendbereich. Die Arbeit wird ein zweites Zuhause, sodass man schnell lernen muss, sich abzugrenzen und sich nicht nur über die Arbeit zu definieren. Sobald wir nach getaner Arbeit im Auto sitzen und nach Hause fahren, ist die Firma kein Gesprächsthema mehr. Man muss lernen, runter zu kommen und die Freizeit zu genießen, denn die ist uns heilig. Im Urlaub vermeiden wir jegliche Handynutzung- wir haben für uns herausgefunden, dass wir dann am besten abschalten können.

Apropos Urlaub: Der nächste steht an! Somit wundert Euch nicht, wenn Ihr uns ab Ende August nicht persönlich erreicht. Während dieser Zeit habt ihr selbstverständlich die Möglichkeit, Thomas und seine Frau Sylvia zu kontaktieren.

Katharina Bodenstein

Als Coach und Beraterin freue ich mich immer wieder, wenn Klienten sich gegenüber einer Beratung öffnen und neue Blickwinkel durch einen unabhängigen Dritten erhalten. Oftmals sind es mehrere kleine Bausteine, die zu einer großen Veränderung innerhalb einer Unternehmensstruktur führen. Anhand diesem Beispiel wird wieder einmal deutlich, dass ein gutes und vertrauensvolles Zusammenspiel von Geschäftsführung und Mitarbeiter die Basis für ein von Erfolg gekröntes Unternehmen ist. Zu diesem Schritt gehören Mut, Durchhaltevermögen und Entschlossenheit- es lohnt sich allemal!

© 2020 Katharina Bodenstein